Unser ehemaliger Vorstand Helmut Eicker erinnert sich. Anlässlich unseres 100. Geburtstages blicken wir zurück und beschäftigen uns mit der Historie unserer Genossenschaft und den Personen, die diese Erfolgsgeschichte maßgeblich mitgeprägt haben. Dafür haben wir uns mit Helmut Eicker, dem damaligen Geschäftsführer der Elektrizitätsgenossenschaft Hagen a.T.W. und späteren Vorstandsvorsitzenden der TEN unterhalten.
TENinside: Unsere Genossenschaft feiert in diesem Jahr ihr 100. Jubiläum und wir sind stolz auf unsere Historie. Wie haben Sie die Genossenschaft damals in Ihren ersten Jahren erlebt?
Helmut Eicker: Im Vergleich zu den Elektrizitätsgenossenschaften zum Beispiel in Bad Laer oder Hilter a.T.W. hatte die Hagener Genossenschaft schon früh umfangreichere Strukturen, sowohl im kaufmännischen als auch im technischen Bereich. Um Kosten zu sparen, haben wir viele Arbeiten tatsächlich auch selber verrichtet und versucht, nur die umfangreichen Arbeiten an Dienstleister abzugeben. Auch mit der Nachwuchsförderung haben wir früh begonnen und haben als erste der damaligen vier E-Genossenschaften auch Nachwuchskräfte ausgebildet.
TENinside: Zurzeit der E-Genossenschaften war die Liberalisierung des Strommarktes noch kein Thema. Können Sie uns erzählen, wie es sich zu der Zeit genau verhielt?
Helmut Eicker: Das war, wenn wir es energiewirtschaftlich betrachten, eine ganz andere Zeit und nicht mit der heutigen Energiewelt zu vergleichen. Vertrieb und Netz waren noch nicht getrennt und beide Bereiche waren monopolisiert. Dadurch war das komplette Geschäft abhängig von dem jeweiligen Konzessionsvertrag. Nach der Liberalisierung des Strommarktes wurde der Vertrieb von Stromprodukten ermöglicht und von da an konnte jeder Stromlieferant deutschlandweit in jedem Konzessionsgebiet seine Produkte anbieten. Das war plötzlich eine ganz andere Welt für uns und darauf mussten wir uns erst mal einstellen. Auf einmal gab es Kunden, vorher waren es Abnehmer. Und wir standen nun im Wettbewerb mit anderen Anbietern.
TENinside: Die TEN ist aus den einzelnen Elektrizitätsgenossenschaften entstanden. Wie haben Sie diese Fusion erlebt und was war Ihrer Meinung nach die am weitesten reichende Veränderung?
Helmut Eicker: Ich kann mich noch gut an die endlosen Sitzungen mit den Gemeindevertretern und Aufsichtsräten erinnern. Einige wollten die Genossenschaften auch der RWE überlassen, das konnten wir aber nicht zulassen und viel wollten sie damals auch gar nicht zahlen. Es hätte sich also auch nicht gelohnt. So haben wir unermüdlich die Fusion der vier Elektrizitätsgenossenschaften, Bad Laer, Glandorf, Hilter a.T.W. und Hagen a.T.W. vorangetrieben und dabei versucht, keine tiefgreifenden Maßnahmen bei der Personalpolitik vornehmen zu müssen. Das ließ sich jedoch recht einfach lösen, da die einzelnen Genossenschaften, im Gegensatz zu der in Hagen, noch keine großen eigenen Strukturen hatten. Für die ehrenamtlichen Vorstände und Aufsichtsräte war die Fusion damals allerdings ein Nachteil.
ALLES AUF EINE KARTE GESETZT – UND ES AM ENDE GESCHAFFT.
TENinside: Gab es ein Erlebnis aus der Zeit der E-Genossenschaft, das Ihnen bis heute im Gedächtnis geblieben ist?
Helmut Eicker: Zuerst mal gibt es so viele spannende und tolle Erlebnisse und Erfahrungen, die ich in der Zeit gesammelt habe. Da jetzt die besten oder tollsten herauszupicken ist schwierig. Spontan fällt mir natürlich die Zeit der Übernahme der Mittelspannungsnetze ein. Das war ein überdimensioniertes Pokerspiel übertragen in die Realität und nicht nur mit Spielkarten. Wir haben damals viel riskiert, alles auf eine Karte gesetzt – und es am Ende geschafft! Das war ein Grundstein für die heutige TEN. Oder nehmen wir die Tatsache, dass die E-Genossenschaft Hagen, vertreten durch meine Person, die Geschäftsführung der
Stadtwerke Schwerin übernommen hat. Aus heutiger Sicht hört sich das doch unglaublich an, aber so war es damals. Eine unglaubliche Zeit!
TENinside: Zum Abschluss interessiert uns noch Ihre Einschätzung. Unsere Genossenschaft gibt es nun seit 100 Jahren. Was glauben Sie, ist die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft ein Zukunftsmodell?
Helmut Eicker: Auf jeden Fall! Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein großer Fan dieser Rechtsform bin. Die eingetragene Genossenschaft ist eine Unternehmensform, die für Mitbestimmung und ein Miteinander steht. Die Attraktivität besteht darin, dass es gerecht und demokratisch zugeht. Genossenschaftsmitglieder haben niemals mehr als eine Stimme, egal wie viele Anteile sie erworben haben. Ich denke, das demokratische Grundverständnis, das eine Genossenschaft mit sich bringt, ist nie überholt.